Bei der Herstellung der Slowfood-Vorzeige-Wurst wird das fein gehackte Schweinefleisch erst von Hand zerteilt und dann durch den Fleischwolf gedreht. Es werden nur edle Teile verwendet: Schinken, Schulter und ein wenig Speck. Die zerkleinerte Masse wird auf der Handfläche wie zu einem spitzen eierförmigen Wurst geformt und mit einem weißen Schweineschmalz gefüllt. Hergestellt werden die Mortadellas nur in den Wintermonaten November bis März. Aber was hat Mortadella mit Salami zu tun?
Die Mortadella di Campotosto ist die letzte Unsterbliche einer langen handwerklichen Tradition in der Provinz L’ Aquila. Sie hat zwei Erdbeben, die Entvölkerung der Abruzzen Bergdörfer und die Industrialisierung der Produktion überstanden. Der Name kommt von mortaio, ein Instrument, mit dem früher Fleisch mit einem Stössel zerkleinert wurde. Die Salami ist ein Kind der Region, hergestellt in dem 50 Kilometer von L' Aquila entfernt gelegen Bergdorf Campotosto, das auf 1400 Meter über dem Meer liegt.
Nur noch zwei Betriebe stellen die Wurst her
Bereits 1575 zirkulierte das schmackhafte Produkt an den europäischen Höfen, transportiert von flämischen Soldaten im Gefolge von Margarete von Österreich, der Tochter Karls V., die Aquila bewunderte. Die Tradition wurde immer mündlich vom Vater an den Sohn weitergereicht. Heute gibt es nur noch zwei Handwerker, die hartnäckig diese vom Aussterben bedrohte Tradition fortführen: Ernesto Berardi von der Metzgerei Salumi Berardi und Ugo Paolini vom Meisterbetrieb Nonna 'Ina, die auf seine Grossmutter Venturina zurückgeht.
Selbst die schweren Erdbeben von 2009 in der Region rund um L’ Aquila änderten daran nichts. Ich habe nach dem zweiten Erdbeben alles in dieses Unternehmen investiert, sagt Paolini. Nach dem zweiten Beben 2017 war Campotosto ein Trümmerhaufen, viele Betriebe gaben auf oder zogen weg. Doch Paolini blieb. Seine Eltern sind hier geboren, er hat hier selbts eine Familie gegründet und sich der Herstellung der traditionsreichen Mortadella verschrieben.
Beschäftigung für triste Winter
Die Herstellung der Salami schweisst aber auch die Bewohner zusammen: Die Mortadella di Campotosto war schon immer das soziale Bindeglied zwischen den Menschen, die in den Dörfern lebten, in denen sie hergestellt wurde. Jeder hat seine eigene Aufgabe. Es gibt diejenigen, die sich dem Schleifen widmen, diejenigen, die sie formen, diejenigen, die sie mit Darm füllen. Früher widmeten sich die Frauen dem Nähen der Haut, die heute jedoch von selbst klebt. Im Winter war es eine Möglichkeit, sich in der kargen Bergwelt einer gemeinsamen Betätigung zu erfreuen. Die Dorfgemeinschaft kam zusammen und stopfte Schmalz in die Würtse, die dann zu Ostern verkauft wurden.
Heute sind es etwa 10.000 Paar Mortadellas pro Saison, die auf handwerkliche Weise hergestellt werden und zu denen noch industriell gefertigte hinzukommen. Aber das ist nicht dasselbe, meint Berardi: Wir, die Verfechter der Tradition, verwenden keine Konservierungs- oder Zusatzstoffe. Es handelt sich um eine zu 100 % handwerkliche Produktion, die stark vom Klima und der Saison abhängig ist. So sehr, dass die Feuchtigkeit auf natürliche Weise gesteuert wird, durch Öffnen und Schließen des Fensters, wie Paolini erklärt. Und dann ist da noch die geheime Zutat: die Liebe zu einem ebenso rauen wie herzlichen Gebiet.