Von schwindelerregender Schönehit ist dieser Raum, befand schon für 25 Jahren der italienische Regisseur Dario Argento. Weshalb er seinen Film Das Stendhal-Syndrom im Kartensaal der Uffizien drehte. Der französische Schriftsteller Stendahl war nach einem Florenz Besuch bis zur Erschöpfung überwältigt von der Kunst. Bis heute werden Kunstbetrachter vom Stendhal-Syndrom ergriffen und können sich nun im wiedereröffneten Kartensaal der Uffizien selbst von der eigentümlichen florentinische Krankheit anstecken lassen.
Der schönste Blick auf Florenz
Der überwältigende Raum im zweiten Stock, nur einen Steinwurf von Botticellis Primavera und Buontalentis Tribuna entfernt, eröffnet einen atemberaubenden Blick auf das südliche Panorama der Stadt. Hat man den Blick ausgiebig schweifen lassen, kann man sich ganz den Karten im Saal widmen. An den Wänden des Kartenraums befinden sich drei große Wandkarten der Toskana aus dem 16. Jahrhundert: eine mit dem florentinischen Gebiet, dem so genannten alten Gebiet, eine mit dem sienesischen Gebiet, dem so genannten neuen Gebiet, und an einer anderen Wand die Insel Elba im Tyrrhenischen Meer.
Sie wurden von Ferdinando de' Medici in Auftrag gegeben, der gerade aus Rom zurückgekehrt war, um den Job des Grossherzogs der Toskana Platz zu übernehmen. Einer Art Gross-Toskana, die nach dem Sieg von Florenz über Siena an Fläche gewann und in ihrer damaligen Grösse bereits der heutigen Toskana glich. Der neue Grossherzog gab die Karten bei dem damals führenden Kartographen Stefano Bonsignori im Maßstab 1:30.000 in Auftrag. Weil es noch kein Druckverfahren gab, zog er den Maler Ludovico Buti hinzu, der sie mit Grün, Blau und Gold zum Leben erweckte.
20 Jahre schlummerten die Schätze
Der Raum, der ursprünglich eine von Vasari entworfene offene Loggia mit Blick auf Santa Croce bis zum Piazzale Michelangelo, war jahrzehntelang für die Öffentlichkeit geschlossen, zunächst aus Personalmangel und dann wegen zunehmender konservatorischer Probleme. Nur ein kleines Fenster im Jahr 2014 anlässlich der Ausstellung Tavola Doria ermöglichte einen kurzen Augenschein. Heute ist es wieder zugänglich, dank einer Restaurierung, die zwei Jahre dauerte und 700.000 Euro kostete, größtenteils von den Freunden der Uffizien finanziert.
Neben den Wandkarten der Toskana, einem Fresko von Elba, einer Tischplatte aus Halbedelsteinen mit Blick auf den Hafen von Livorno, beeindrucken selbst Fussboden und Decke: der Terrakottaboden ist handgefertigt und die Decke mit allegorischen Darstellungen der Renaissance-Zeit des Vasari-Schülers Jacopo Zucchi versehen.
Exklusiver Zutritt
Allesamt Schätze die nun in vollen, aber auch exklusiven Zügen genossen werden können. Nicht mehr als 20 Personen dürfen sich zur gleichen Zeit im Kartensaal aufhalten, damit die Luftfeuchtigkeit nicht zu sehr ansteigt. Eine Ampel am Saal-Eingang regelt den Zugang.
Diese Karten erzählen von der Identität der Toskana in einem Gebäude, das genau zu der Zeit gebaut wurde, als Florenz von einem Stadtstaat zu einem Territorialstaat wurde, sagt der deutsche Direktor der Uffizien, Eike Schmidt bei der Einweihung: Die Restaurierung dieses Ortes ist eine grosse Hommage an die Region Toskana. Und wohl die schönste Art sich von der florentinische Krankheit anstecken zu lassen.